Welt+Handel Juni/2000

Lernort Weltladen - Beispiele machen Schule

Schulunterricht muss nicht nur graue Theorie sein. In einigen kaufmännischen Schulen ist es gelungen, betriebswirtschaftlichen Unterricht am Beispiel eines "Eine-Welt-Ladens" zu praktizieren. In Nordrhein-Westfalen gibt es diesen Unterricht an den Berufsbildenden Schulen in Ahaus und Recklinghausen. Nachdem in einer Projektwoche das Thema "Bananenhandel" auf großes Interesse gestoßen ist, wird im niedersächsischen Northeim für das kommende Schuljahr ebenfalls eine unterrichtsintegrierte "Weltladenarbeit" geplant. Ein Beispiel für gelungene schulische entwicklungspolitische Arbeit außerhalb des Lehrplans ist das Eine-Welt-Engagement e.V. in der Anne-Frank-Gesamtschule Düren. Schülerinnen und Schüler sind für das Thema "Eine-Welt" empfänglich, es muss lediglich in ihre konkreten Lebenswelt einbezogen werden. Das ist einhellige Meinung der verantwortlichen Lehrerinnen und Lehrer.

Fächerübergreifend und handlungsorientiert

Im vergangenen Jahr gewann das Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung in Ahaus für ihr interessantes Engagement den "Preis der Diözese Münster - für Gerechtigkeit, Frieden, und Bewahrung der Schöpfung" und wurde mit 2000 DM prämiert. In der Begründung hieß es: "Der Eine-Welt-Laden des ist einer der wenigen schulischen Läden dieser Art in Deutschland. Dabei werden eine Vernetzung handlungsorientierter Lerninhalte und das Engagement für die Entwicklungsländer angestrebt. Die Initiative ist durch das Engagement vieler Religionslehrer kirchlich geprägt und gibt so an einer staatlichen Berufsschule vielen jungen Menschen noch einmal die Gelegenheit, sich mit ihrem täglichen Handeln und den Strukturen der Weltwirtschaft auseinander zu setzen."

Zur Schule gehören insgesamt rund 2 000 Schüler und Schülerinnen, die von rund 80 Lehrern unterrichtet werden. Vor fünf Jahren wurde der "Eine-Welt-Laden" mit der Absicht eröffnet, den Schülerinnen und Schülern der kaufmännischen Schulen im Einzelhandel und in den Berufsfachschulen Gelegenheit zu geben, das theoretisch Erlernte in die Praxis umzusetzen. Dies beginnt mit der Marktforschung und erstreckt sich über die Sortimentsgestaltung, Warenpräsentation, Marketinganalysen bis zum Verkaufsgespräch und dem Kassenabschluss. Der Weltladen verkauft Hefte, Schreibstifte, Briefpapier, Kaffee, Tee, Schokolade, Honig und Schmuck aus dem Fairen Handel.

Durch Änderungen der Lehrpläne für den Einzelhandel und aufgrund eines veränderten Unterrichtskonzeptes gibt es ab dem kommenden Schuljahr veränderte Rahmenbedingungen. So wird es für die Schülerinnen und Schüler der Höheren Handelsschule, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben bzw. aus religiösen Gründen am angebotenen Unterricht nicht teilnehmen können, eine AG "Eine-Welt" geben, die alternativ besucht werden kann. Für die gymnasiale Oberstufe wird im Differenzierungsbereich ein Kurs "Eine-Welt" eingerichtet, der betriebswirtschaftliche Theorie mit der Praxis verbinden soll. Unterrichtsinhalte werden außerdem "Entwicklungspolitik", "Fairer Handel", "Kinderarbeit" sein.

Träger des "Eine-Welt-Ladens" ist ein Team aus engagierten Lehrern, der sich vorwiegend aus Lehrpersonen zusammensetzt. "Unser Konzept ist zweigleisig gestrickt: Zum einen wollen wir auf die Probleme der 3.Welt aufmerksam machen und mit dem Erlös des Ladens konkret Projekte unterstützen. Wir haben Kontakt zu einem Pfarrer aus dem Nachbarort, der in Pirapemas/Brasilien arbeitet und seit einem Jahr unterstützen wir eine Schule in Peru. Dieser Kontakt konnte über Adveniat hergestellt werden. Dazu wird übrigens der Spanischunterricht an unserer Schule integriert; die Schülerinnen und Schüler übersetzen die Briefe. Sie sehen, wir arbeiten ganzheitlich fächerübergreifend. Zum anderen sind wir halt eine kaufmännische Schule und was liegt da näher, als unser Engagement mit den Unterrichtinhalten zu verbinden ", meint der verantwortliche Lehrer, Norbert Böing.

Unterrichtsinhalte sind beispielsweise:

Im Praxisteil:

  • Einführung in das DV-System des Eine-Welt-Ladens
  • Lieferantenanalyse und evt. Aufnahme neuer Lieferanten
  • Planung und Durchführung von Verkaufsförderungsmaßnahmen
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Besuch von Lieferanten oder Organisationen des Fairen Handels
  • Aufbau und Pflege der Homepage

Im Theorieteil:

  • Dritte Welt - wo liegt das?
  • Geschichte der Armut
  • Strategien zur Überwindung von Armut
  • Verschuldung
  • Kampagnenarbeit
  • Geschichte des Fairen Handels
Kontaktadresse: Berufskolleg Ahaus, Eine-Welt-Laden, Kusenhook 4-8, 48683 Ahaus, Telefon: 02561 / 42903, Telefax: 02561 / 429055, E-Mail: EWL@bwv-ahaus.de


© Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung Ahaus 2000
Home